Interview mit natureOffice GmbH
Klimaschutz dauerhaft, sinnvoll und transparent in Unternehmen zu verankern – das ist die Idee hinter natureOffice. Seit Juni unterstützen sie gemeinsam mit der GASAG andere Unternehmen dabei, klimaneutral zu werden. Wie das genau funktioniert, berichtet uns Franziska Niesch im Interview.
Wer ist eigentlich natureOffice und seit wann gibt es euch?
natureOffice ist eine Klimaschutzagentur, die es seit 2007 gibt. Unser Ansatz ist, dass wir Unternehmen dabei unterstützen, sich im Klimaschutz zu engagieren. Aber auch andere Nachhaltigkeitsbestrebungen nehmen einen wachsenden Teil unserer Arbeit ein. Klimaschutz ist ja nur ein Thema der Ökologie. In unseren Projekten geht es besonders um soziale Aspekte, wie bspw. die Verbesserung der Bildungssituation in Entwicklungsländern. Wenn man Klimaschutz wirklich richtig machen möchte, dann funktioniert das nur, wenn alle Aspekte ganzheitlich betrachtet werden. Neben der Projektarbeit kooperiert natureOffice mit Universitäten und engagiert sich in verschiedenen Gremien – einfach, um Dinge aktiv voranzutreiben. Wir sehen uns mehr als Partner als ein Dienstleister und arbeiten langfristig mit verschiedenen Akteuren zusammen, denn das ist nachhaltig.
Wie berechnet euer CO2-Rechner die ausgestoßenen Emissionen eines Unternehmens?
Der Rechner macht es möglich, ausgestoßene CO2-Emissionen schnell und ohne großen Aufwand zu erfassen. Er richtet sich in erster Linie an Unternehmen, die nicht produzieren. Die Kunden können bei der Berechnung ihrer unternehmensbezogenen CO2-Emissionen aus verschiedenen Eingabeoptionen wählen. Zum einen kann der Kunde exakte Zahlen eingeben, wenn er seinen eigenen Verbrauch ganz genau kennt. Es gibt aber auch Unternehmen, die nicht wissen, wie hoch der eigene Energieverbrauch ist. Dann werden die Emissionen über genutzte Quadratmeter, das Gebäudejahr, den technischen Ausstattungsstandard usw. geschätzt. Das ist nicht ganz so exakt wie jeden einzelnen Kugelschreiber zu zählen, aber entspricht dem Standard Greenhouse Gas Protocol und kann im Kosten-Nutzen-Verhältnis vorteilhaft sein.
Nachdem ich alle Zahlen im CO2-Rechner eingegeben habe, weiß ich, wie hoch der CO2-Ausstoß meines Unternehmens ist. Was sind die nächsten Schritte, um die Klimaneutralität zu erreichen?
Nachdem der Rechner die Emissionen ermittelt hat, können diese im nächsten Schritt kompensiert werden. Das heißt, man kauft Klimaschutzzertifikate und gleicht durch die Förderung von Klimaschutzprojekten die eigenen CO2-Emissionen aus. Ganz wichtig ist, dass das Unternehmen selbst nach der Kompensation nicht CO2-frei ist. Klimaneutral zu sein bedeutet, dass ein Unternehmen so viele Emissionen produziert wie es an anderer Stelle einspart. Dass schaffen die Wenigsten – selbst bei steigender Energieeffizienz und einer Strom- und Wärmeversorgung durch Erneuerbare Energien gibt es immer noch indirekte Emissionen, die in der Wertschöpfungskette eines Unternehmens entstehen. Da bleibt meist nur, die unvermeidbaren CO2-Emissionen durch Zertifikate zu kompensieren. Durch die Kompensation wird an einer anderen Stelle der Welt CO2 gebunden bspw. Aufforstungsprojekte. Oder es werden Emissionen vermieden, indem zum Beispiel der Bau eines Kohlekraftwerks durch den Bau eines Wasserstoffwerks ersetzt wird.
Zum Stichwort Klimaneutralität – wie zahlt sich diese für Unternehmen aus?
Der Klimawandel ist eine der wichtigsten Herausforderungen der heutigen Zeit und jeder sollte sich daran beteiligen, diesen zu stoppen. Das Bewusstsein für Klimaschutz steigt in der Bevölkerung und viele Verbraucher sehen Unternehmen in der Pflicht zu handeln, da sie mitverantwortlich für den Ausstoß sind. Mit der Kompensation können Unternehmen ihren Kunden zeigen, dass das Thema Nachhaltigkeit in ihrer Agenda angekommen ist. Darüber hinaus hilft das Logo „klimaneutrales Unternehmen“ bei der Kommunikation. Mit einer individuellen Tracking-Nummer bekommen sie Informationen und Bildmaterial, die helfen, die eigenen Aktivitäten dazustellen. Oftmals fällt es Menschen schwer, sich die Menge an eingesparten CO2-Emissionen vorzustellen. Sind 10, 1.000 oder 1.000.000 Tonnen CO2-Emissionen viel oder wenig? Unser Tracking-System hilft dabei, ein Gefühl für die ausgestoßenen Emissionen zu bekommen und die eigenen Aktivitäten dazustellen.
„Politik und Unternehmen müssen vorangehen, um auch die Verbraucher mitzuziehen.“
Welche Projekte werden durch die Klimaschutzzertifikate von natureOffice unterstützt? Und wonach habt ihr diese ausgewählt?
Die GASAG-Kunden können zwischen vier verschiedenen Klimaschutzprojekten wählen: Deutschland plus Berlin Luft, Energieeffizienz, Erneuerbare Energien und dem Wald-Mix. In einem Mix werden mehrere Projekte unterstützt. Beispielsweise kombiniert der Wald-Mix alle möglichen Formen der Aufforstung, des Walderhalts und des Waldschutzes. Die Projekte wählen wir nach bestimmten Kriterien aus. Zum einen muss sichergestellt sein, dass das Projekt nur aufgrund der Gelder aus dem Emissionshandel umgesetzt werden kann. Zum anderem dürfen die eingesparten CO2-Emissionen nur einmalig angerechnet werden. Und die Emissionseinsparungen müssen dauerhaft erfolgen. Dass unsere Kriterien erfüllt werden, wird regelmäßig durch unabhängige Dritte überprüft.
In den Medien wird die Kompensation über Klimaschutzzertifikate gerne mal als „Ablasshandel“ bezeichnet. Wie reagiert ihr auf solche Aussagen?
Für uns ist ganz klar – Kompensation über Klimaschutzprojekte ist kein Ablasshandel. Ganz wichtig ist zu wissen, dass der Kompensationsmechanismus eigentlich so angedacht war, dass die wohlhabenden Industrieländer die Schwellen- und Entwicklungsländer bei ihrer nachhaltigen Entwicklung unterstützen. Wenn sich jetzt Unternehmen freiwillig an diesem Mechanismus bedienen, dann wird das gleiche Ziel gefördert. Sie unterstützen Projekte in anderen Ländern, Technologien aufzubauen und Maßnahmen umzusetzten, die zum Umwelt- und Klimaschutz beitragen.
„Wenn wir die Transferleistungen über Klimaschutzzertifikate nicht hätten, würde vor Ort einfach nichts passieren. Ein wichtiges Kriterium der Klimaschutzprojekte ist die Zusätzlichkeit – das heißt, ohne diese Zertifikate würde es die Projekte gar nicht erst geben.“
Mit Blick in Richtung Klimaschutzziele 2045: Ist die Kompensation von CO2-Emissionen ein Weg, den jedes Unternehmen gehen sollte?
Dass wir die Klimaschutzziele erreichen, indem einfach alle Unternehmen über Klimaschutzzertifikate ihre CO2-Emissionen kompensieren, ist natürlich Unsinn. Dafür gibt es auch nicht genug Zertifikate. Es gilt das Prinzip Vermeiden, Reduzieren und Kompensieren. Und das am besten parallel. Was jedes Unternehmen machen sollte, ist sich mit seinen Zahlen auseinanderzusetzen und den eigenen CO2-Fußabdruck zu ermitteln. Anschließend kann geprüft werden, welche Emissionen reduziert und welche ausgeglichen werden können. Jedes Unternehmen kann aktiv zum Klimaschutz beitragen.