
Negative Strompreise: Wer kann davon profitieren?
Negative Strompreise sind ein spannendes Phänomen auf dem Energiemarkt, von dem Sie unter Umständen profitieren können – mit einem dynamischen Stromtarif. Was dahinter steckt, erklären wir Ihnen hier.
Inhaltsverzeichnis
Was bedeutet ein negativer Strompreis?
Vereinfacht lässt sich sagen: Wenn das Angebot an Strom höher ist als die Nachfrage, entstehen negative Strompreise. Stromproduzenten werden in diesem Fall nicht für ihre erzeugte Energie bezahlt, sondern müssen sogar selbst Geld zahlen, damit ihr Strom abgenommen wird.
Was passiert bei negativen Strompreisen?
Wie entsteht ein Strom-Überangebot? Meist passiert dies in Situationen, in denen große Mengen erneuerbarer Energien wie Wind- und Solarenergie ins Netz eingespeist werden. Wenn gleichzeitig der Stromverbrauch niedrig ist, zum Beispiel an Feiertagen, kommt es zu einem Überschuss. Doch der lässt sich nur sehr begrenzt speichern – Strom muss größtenteils sofort ins Netz eingespeist werden, ansonsten belasten die großen Mengen das Stromnetz zu stark und gefährden seine Stabilität. Damit das nicht passiert, sind die Anbieter gezwungen, den Strom nicht nur zu verschenken, sondern für die Abnahme sogar zu bezahlen.
Eine Alternative wäre natürlich, die Stromproduktion zu drosseln. Allerdings lohnt sich das manchmal für die Erzeuger nicht, wenn die Kosten für das Abschalten höher sind als die negativen Preise. Es kann auch technische Gründe geben, die Produktion trotz Überangebot am Laufen zu halten.
Ein Beispiel aus dem Leben

Am Ostersonntag, 22. April 2019, traten laut Bundesnetzagentur von 10 Uhr bis 18 Uhr negative Strompreise in Deutschland auf. In dieser Zeit war der Stromverbrauch aufgrund des Feiertags niedrig – dafür aber die Photovoltaik-Erzeugung hoch. Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien reichte aus, um den Strombedarf in Deutschland vollkommen zu decken.
Wer profitiert von negativen Strompreisen?
Negative Strompreise sind ein Börsen-Phänomen. Deshalb sind ihre Profiteure vor allem große Stromverbraucher und Energiehändler, wenn sie flexibel auf solche Preisschwankungen reagieren können. Wenn die Preise negativ sind, können sie ihren Stromverbrauch beispielsweise erhöhen, um von den kostenlosen Strommengen zu profitieren. Konkret könnte das dann bedeuten, dass die Unternehmen Produktionsschritte mit hohem Strombedarf in die Phasen von negativen Strompreisen verlegen, um Geld zu sparen oder für die Abnahme des Stroms sogar bezahlt zu werden.
Manche Unternehmen nutzen auch Energiespeicher, um Strom zu speichern, wenn die Preise gerade niedrig oder sogar negativ sind. In anderen Zeiten verkaufen sie ihn dann zu höheren Preisen weiter oder verwenden ihn selbst, anstatt neuen, teuren Strom einzukaufen. Allerdings stehen solche Unternehmen aufgrund von negativen Strompreisen auch vor großen Herausforderungen.
Haben private Haushalte einen Vorteil, wenn der Strompreis negativ ist?
Für Haushalte mit Standardtarifen ist der Effekt von negativen Strompreisen gering. Solche festen Tarife oder Grundpreise verändern sich nicht durch Preisschwankungen. Ein privater Haushalt kann jedoch von negativen Strompreisen profitieren, wenn er mit seinem Stromanbieter einen dynamischen Stromtarif abgeschlossen hat. In diesem Fall wird der Strompreis in Echtzeit oder in kurzen Zeitabständen festgelegt – basierend auf Angebot und Nachfrage am Strommarkt. Verbraucherinnen und Verbraucher mit einem dynamischen oder flexiblen Stromtarif können ihren Verbrauch dann zielgerichtet in die Zeiten von niedrigem oder negativem Verbrauch verschieben. So sparen sie Geld.
Wie oft war der Strompreis negativ?
Negative Strompreise sind derzeit noch eher die Ausnahme als die Regel und treten meist nur für kurze Zeiträume – manchmal nur für wenige Stunden oder Minuten am Tag – auf. Auch wenn sie ein relativ seltenes Phänomen sind, ist die Tendenz in den vergangenen Jahren jedoch steigend – so teilen es der und der Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. mit. Die Zahlen sprechen für sich: Im Jahr 2022 gab es 69 Tage, in denen die Strompreise für mindestens eine Stunde negativ waren. Im Jahr 2023 waren es schon 301 von 8.760 Stunden, und im Jahr 2025 kletterten die Tage hoch auf 457 von 8.784 Stunden. Bundestag
Welche Auswirkungen haben negative Strompreise?
Negative Strompreise sind, wie es das ausdrückt, eine Umkehrung des Normalfalls: Stromanbieter zahlen dafür, dass man ihnen ihr Produkt abnimmt. Sie nehmen kein Geld dafür ein. Dieser Zustand, der in den letzten Jahren immer häufiger eingetreten ist, lässt einige Schlüsse zu: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie
- Negative Strompreise zeigen, dass sich über erneuerbare Energien zu bestimmten Zeiten sehr günstig Strom produzieren lässt. Das kann Anreize schaffen, mehr in genau diese Technologien zu investieren und sie weiter auszubauen.
- Negative Strompreise zeigen, dass wir verstärkt dafür sorgen müssen, dass unser Stromnetz auch bei hoher Auslastung stabil bleibt. Dazu braucht es innovative Lösungen, die mehr Flexibilität zulassen – zum Beispiel bessere und intelligentere Speichermöglichkeiten oder den Ausbau der Netzinfrastruktur, um Angebot und Nachfrage besser auszugleichen.
- Negative Strompreise können dafür nützlich sein, dass Verbraucherinnen und Verbraucher sowie Unternehmen motiviert werden, ihren Stromverbrauch noch besser an Zeiten mit niedrigen oder sogar negativen Preisen anzupassen.
Welche Herausforderungen entstehen durch negative Strompreise?
Natürlich stellt die Zunahme von Zeiten mit negativen Strompreisen auch eine große Herausforderungen – vor allem für Stromerzeuger – dar. Zum einen werden sie dadurch finanziell belastet: Wenn die Strompreise regelmäßig und zunehmend negativ sind, verdienen sie kein Geld.
Negative Strompreise können zudem den Strommarkt langfristig destabilisieren, denn sie können zu Unsicherheiten bei der Preisgestaltung führen. Konkret heißt das, dass Stromanbieter und Investoren nicht mehr genau wissen, was sie in Zukunft erwarten können. Die Folge könnte sein, dass sie zurückhaltender sind, was langfristige Entscheidungen betrifft – zum Beispiel beim Bau neuer Kraftwerke oder bei der Investition in erneuerbare Energien.